Keine Gnade
Mixed Martial Arts (MMA) war lange verpönt. Dabei passt der Kampfsport ganz hervorragend in unsere Zeit.
Eine Reportage von Daniel Hinz, stern Magazin 42/2024
Das Blut aus dem vorherigen Kampf ist schnell weggefeudelt, gleich wird neues fließen.
23.15 Uhr, Tausende in der Halle jubeln dem Highlight des Abends entgegen. Die beiden Kämpfer, hochgepumpt und runtergehungert zugleich, gehen aufeinander los. Schläge, Tritte, im Stakkato. Nach 246 Sekunden knallt die rechte Faust des einen an das Kinn des anderen. Der fällt benebelt gegen das Käfiggitter.
Ausholen.
Zuschlagen.
Bamm.
Noch einmal.
Dem Getroffenen entgleisen alle Gesichtszüge, er sackt zu Boden. Der Referee drückt sich dazwischen. Vorbei. Knock-out in der ersten Runde. Der Sieger reckt seine Arme in die Höhe. Lichter blitzen über die Tribünen, aus den Boxen dröhnt ein Song von Kid Cudi.
Manche sagen, das, was da eben geboten wurde, sei der am schnellsten wachsende Sport der Welt. Ein archaisches Spektakel, auf das viele gewartet haben, brutal und ehrlich. Das viele abholt in ihren Sehnsüchten, ihrer Entgrenzung, ihrem Zorn auch. Mixed Martial Arts, kurz MMA, ist ein Gewaltkondensat. Fast alles ist erlaubt, auch das Schlagen am Boden. Es gibt keinen Ausweg aus dem eingezäunten Ring, dem Oktagon. Verletzungen sind an der Tagesordnung, fast immer fließt Blut, und manchmal sterben Kämpfer. Rechtsextremisten lieben den Sport. In Deutschland war er im TV jahrelang verboten. In den USA ist die MMA-Kampfevent-Reihe Ultimate Fighting Championship (UFC) längst im Mainstream angekommen, setzte 2023 1,7 Milliarden Dollar um und produziert Superstars, Helden und Verlierer.
Oktagon, erst 2016 von dem Tschechen Ondrej Novotny und dem Slowaken Pavol Neruda gegründet, richtet seit knapp drei Jahren solche Events auch in Deutschland aus. 10 000 Zuschauer in Frankfurt. 15 000 in Stuttgart. 19 000 in Köln.
Oder eben 4000, wie an diesem Samstagabend im September, Rudolf-Weber-Arena in Oberhausen. Sonst treten hier Künstler wie Atze Schröder, James Blunt oder Kontra K auf. Heute will das Publikum Blut sehen. Chris, Statur eines sanften Ochsen, sitzt vor der Brüstung, erste Reihe im Rang, zentraler Blick auf den MMA-Cage. Er setzt jetzt erst mal zu einer anderen Sportart an, führt nämlich den Plastikbecher zum Mund und ext sein Bier in sechs Sekunden. "Zaubertrick", sagt er. Und dann: "MMA ist so geil. Das ist Boxen mit Kopf und Taktik." Er sei extra mit seinen Freunden aus Hamburg hergefahren. Fragen wir weiter, am besten dort, wo eine gewisse Widersprüchlichkeit zum gewöhnlichen MMA-Besucher (männlich, wie 70 Prozent in der Halle) erkennbar ist - also die zwei jungen Frauen, beide in Jeans, mit weißen Oberteilen. Wie findet ihr MMA?
"Gut", sagt die eine, "spannend", die andere. Das vierte Mal sind sie beim MMA. "Mein Freund sitzt vorne im VIP." Der sei nämlich Ringer. Ob er denn auch MMA machen wolle, der Freund? "Ja. Aber ich bin nicht so der Fan davon, wenn er das macht. Ist zu gefährlich."
Für den stern berichtete ich vor Ort aus Oberhausen mit dem Fotografen Dominik Asbach.
Die ganze Reportage lesen: https://www.stern.de/sport/mma--wie-mixed-martial-arts-die-deutsche-kampfsportszene-erobert-35127170.html