Moje Klaasohm

Schlaflose Nächte, Morddrohungen: Wegen des "Brauch des Schlagens" geriet Borkum unter Druck. Wie lief Klaasohm nun ab? Über eine Insel, die sich missverstanden fühlt

Eine Reportage von Daniel Hinz, Zeit Online Ressort X 06.12.24

Die Fähre legt in leichtem Nieselregen an, der Leuchtturm scheint in die See hinein. In einem Schaufenster im Ortskern von Borkum hängt ein T-Shirt, das sich zwei Tage später viele Frauen überziehen werden: "Ja zum Klaasohm. Weil Borkumer Frauen gegen Lügen, Hass und Hetze zusammenhalten müssen".

Es ist Anfang Dezember, zwei Tage bevor auf Borkum ein Fest gefeiert werden soll, über das ganz Deutschland sich gerade empört: Klaasohm. Gespenstisch anmutend verkleiden sich Männer eines alten Jungmännerbunds mit gigantischen Masken. Seit 200 Jahren wird Klaasohm auf Borkum gefeiert. Seit 200 Jahren rennen in der Nacht auf den 6. Dezember Männer durch Borkum und schlagen Frauen mit Kuhhörnern.

Zumindest bis zu diesem Jahr. Bis der NDR vor wenigen Tagen eine Doku veröffentlichte, in der Frauen schilderten, wie die maskierten Männer sie festhielten und mit Hörnern auf sie einschlugen, mehrfach. Die Frauen berichteten von Hämatomen, von Angst. Seitdem heizte sich die Debatte um die Inseltradition auf Borkum auf. Tausende teilten den Film auf Social Media, unzählige Medien berichteten. Und die Insel geriet stetig immer mehr unter Druck. Der Bürgermeister, der Männerverein, Insulaner, Männer und Frauen. Sie alle sollten Stellung beziehen.

Frauenverachtend. Patriarchal. Beängstigend. Barbarisch. Die Meinungen über Borkum im Internet sind vernichtend. "Sippenhaft", sagen die Borkumer. "Wir stürmen die Insel", schreibt eine Gruppe im Internet. Und wenn man sich auf der Insel umhört, dann merkt man, dass man sich hier nicht einig ist, dass sich einige wehren, einige anprangern, dass sich aber alle irgendwie missverstanden fühlen.

In einer Zeit, in der in Großstädten darüber debattiert wird, wie man Frauen besser schützen kann. Vor Männern. Drei Wochen nachdem Medien berichtet hatten, dass die Zahl der Femizide weiter steigt, die Zahl der Gewaltopfer.

Zur gleichen Zeit hält eine Insel an einer Tradition fest, die nicht mehr in die Zeit zu passen scheint.

Wieso? Und was tun, wenn man unter Druck gerät? Aufhören? Weitermachen?

Noch zwei Tage bis zur Traditionsnacht.

Für Zeit Online reiste ich mit dem Fotografen Hannes Jung für vier Tage auf die Insel Borkum.

Die ganze Reportage lesen: https://www.zeit.de/gesellschaft/2024-12/klaasohm-borkum-fest-frauen-gewalt-shitstorm-brauch